KI durchdringt zunehmend Bereiche, die bis vor Kurzem noch die Arbeit menschlicher Kundenservice-Agenten waren: Voice-Interaktionen. Heute nutzen nahezu alle Organisationen irgendeine Form von Voice-Technologie in ihrem Betrieb, und 67% betrachten Voice-KI als grundlegenden Bestandteil ihrer Business-Strategie (Deepgram 2025 State of Voice AI Report).
Mit Cisco Webex AI Agent und Agentforce Voice stehen heute mehrere Optionen für autonome Voice-Agent-Technologien zur Verfügung. Zugleich müssen sich Unternehmen zwischen vollständiger Automatisierung und Strategien zur Erweiterung menschlicher Agenten entscheiden. Die Frage ist also: Wo beginnt man? Beide Wege sind sinnvoll: End-to-End-Automatisierung (also KI-geführte, autonome Voice-Agenten, die Interaktionen vollständig übernehmen) und die Erweiterung menschlicher Agenten (also menschzentrierte Voice-KI, die die Prozesse menschlicher Agenten unterstützt). Doch der Weg, den Sie priorisieren, prägt Ihre Transformation.
Die meisten Organisationen werden beide Wege gehen. Der Weg, den Sie zuerst priorisieren, prägt Ihre Transformation.
In diesem Blogbeitrag ordnen wir die Einführung von Agentforce Voice in die breitere Contact-Center-Diskussion ein. Denn, obwohl Strategien oft reaktiv an neue Technologien angepasst werden, ist ein bewusst geplanter Ansatz für die Frage „ersetzen oder erweitern“ häufig sinnvoller.

Was End-to-End-Automatisierung von Voice-Interaktionen tatsächlich bedeutet
Stellen Sie sich vor, ein Geschäftsreisender muss seine Abflugzeit ändern, während er sich eilig durch den Flughafen bewegt. Er ruft die Voice-Hotline der Airline an, und innerhalb von 30 Sekunden erledigt der KI-Agent Folgendes:
- Bestätigt die Identität des Passagiers
- Präsentiert verfügbare alternative Flüge
- Verarbeitet die Umbuchung
- Sendet den aktualisierten Boarding Pass
- Bestätigt die Änderung
… und das alles über ein natürliches Voice-Gespräch.
Dies ist ein attraktiver Use Case für eine vollständige Interaktionsübernahme. Also dafür, dass KI Kundenanfragen von Anfang bis Ende ohne menschliches Eingreifen bearbeitet, insbesondere für grosse Airlines, die täglich ein hohes Volumen solcher Anrufe verarbeiten.
Der potenzielle Nutzen ist erheblich: Gartner prognostiziert, dass Conversational-AI die Contact-Center-Personalkosten bis 2026 um rund 80 Milliarden US-Dollar senken wird. KI-Voice-Agenten stehen rund um die Uhr zur Verfügung und können unbegrenzt viele Gespräche parallel führen und machen so zusätzliche Personalschichten in Peak-Zeiten weitgehend überflüssig.
Doch dieser Vorteil ist an einige Einschränkungen geknüpft:
Use-Case-Limitationen bestehen
Autonome Voice-Agenten sind sehr stark bei Informationsabfragen, Transaktionen und der Lösung routinemässiger Probleme. Sie tun sich jedoch schwerer mit komplexen, stark Empathie getriebenen Situationen, differenzierten Reklamationen, die deutliche Ermessensentscheide erfordern, sowie Fällen, in denen Kunden ausdrücklich menschliche Interaktion verlangen.
Kundenakzeptanz ist konditional
Auch wenn immer mehr Konsumenten KI-Agenten bei den meisten Kundenservice-Anrufen akzeptieren, gibt es eine Einschränkung: Die KI muss eindeutiges Verständnis und natürliche Reaktionsfähigkeit zeigen. Die Toleranz für Probleme, Ausfälle oder Fehler ist sehr gering. Und heute sagen nur 30% der Konsumenten, dass KI den Zugang zu Kundenservice verbessert hat.
Eskalationsprotokolle sind entscheidend
Erfolgreiche Deployments verfügen über klare Handoff-Trigger zu menschlichen Agenten – etwa, wenn Kunden ausdrücklich menschliche Unterstützung verlangen, das Konfidenzniveau der KI unter einen definierten Schwellenwert fällt oder eine Lösung Empathie getriebene Bearbeitung erfordert. Die erfolgreichsten Implementierungen erreichen hohe Containment-Raten und bieten gleichzeitig nahtlose Eskalationspfade für alle nicht enthaltenen Fälle.
Integrationskomplexität variiert
Während einige Organisationen Voice-KI innerhalb von 30 bis 60 Tagen über cloudbasierte Plattformen implementieren, dauern Enterprise-Implementierungen, die CRM-Integration, Compliance-Vorgaben und kundenspezifische Workflows erfordern, häufig länger als 90 Tage. Dabei ist nicht die Geschwindigkeit der Implementierung entscheidend, sondern ob der KI-Agent Zugriff auf alle notwendigen Systeme und Daten hat, um End-to-End-Lösungen tatsächlich vollständig abzuschliessen.
Kurz gesagt: Datenstrategie geht KI-Strategie voraus.

Damit ist die Automatisierungsseite abgedeckt. Wie sieht es mit KI aus, die den Menschen bewusst im Loop hält?
Der Enhancement-Ansatz
Ein Kunde ruft frustriert wegen eines verzögerten Pakets an, das als zeitkritisches Geschenk gedacht war. Während der Agent den Kunden begrüsst, stellt die KI in Echtzeit Folgendes bereit:
- Vollständige Bestellhistorie
- Frühere Support-Interaktionen
- Aktueller Versandstatus
- Drei Lösungsoptionen, sortiert nach der voraussichtlichen Kundenzufriedenheit
Der Agent bringt ehrliche Empathie zum Ausdruck, erklärt die Verzögerung und nutzt, mit Blick darauf, dass es sich um einen hochwertigen Stammkunden handelt, die von der KI empfohlene Option, eine Ersatzlieferung kostenlos zu beschleunigen. Die Interaktion dauert vier Minuten, verursacht nur geringe Personalkosten und verwandelt einen potenziellen Kritiker in einen Befürworter.
In diesem menschzentrierten Setup liefert die KI-Geschwindigkeit, während der Mensch die Urteilskraft beisteuert. Da sich Enhancement-Technologie im Contact-Center-Umfeld bereits länger weiterentwickelt hat, ist ihr Business Impact gut belegt: verkürzte Average Handle Time (AHT), erhöhte Zufriedenheit und Bindung sowie schnellere Einarbeitung neuer Agenten.
Einer der zentralen Vorteile menschunterstützender Voice-KI ist die Verstärkung von Skills – mit zahlreichen Beispielen:
- Coaching in Echtzeit und Vorschläge für Antworten
- Sofortiger Zugriff auf Lösungs- und Eskalationsprotokolle
- Automatisierte Sentimentanalyse
- Live-Zusammenfassung von Gesprächen
- Cross-Sell- und Upsell-Intelligence
- Automatisierung der Nachbearbeitung nach dem Anruf (After Call Work, ACW)
Der Enhancement-Ansatz trägt einer grundlegenden Tatsache Rechnung: Während KI in Informationsverarbeitung und Mustererkennung überzeugt, kann sie nicht alles ersetzen, was Menschen leisten. Menschen brillieren in Empathie, kreativer Problemlösung und im Aufbau von Beziehungen.
Zusätzlich bietet Enhancement weitere Vorteile:
Agenten-Buy-in
Wird KI als Unterstützung statt als Ersatz oder Kontrollinstrument positioniert, haben Service-Agenten in der Regel wenig Vorbehalte gegen ihren Einsatz im Arbeitsalltag. Umso besser, wenn Agenten die konkreten Vorteile sehen – etwa weniger After Call Work (ACW) und eine deutlich verkürzte Time-to-Proficiency.
Weiterentwicklung von Skills als Vorteil
Während KI Routineaufgaben wie Informationsrecherche und Dokumentation übernimmt, entwickeln erfolgreiche Agenten tiefere Kompetenzen in emotionaler Intelligenz, kreativer Problemlösung und Beziehungsmanagement. Diese eindeutig menschlichen Fähigkeiten werden in einer KI-augmentierten Umgebung wertvoller und eröffnen klare Karrierepfade, die die Mitarbeiterbindung verbessern.
Pfad mit geringerem Risiko für KI-Adoption
Organisationen können Augmentierungslösungen schrittweise einführen, Wirkung messen und gezielt skalieren. Dies reduziert Integrationskomplexität und Risiken für die Customer Experience, die mit vollständigen Replacement-Strategien einhergehen können. Für Contact Center, die Effizienzgewinne mit Servicequalität ausbalancieren müssen, bietet Enhancement eine bewährte Brücke zwischen heutigen Betriebsmodellen und künftigen KI-Fähigkeiten.

Was Vendor-Strategien über die Zukunft von KI verraten
Die Investition von Salesforce in Agentforce Voice signalisiert grosses Vertrauen in Replacement-Fähigkeiten und positioniert Voice-KI so, dass komplette Kunden-Workflows übernommen werden können, zusätzlich zu den bereits etablierten, starken Augmentierungsfähigkeiten von Einstein. Auch Cisco verfolgt einen ausbalancierten Ansatz und hat Webex so konzipiert, dass beide Paradigmen unterstützt werden: autonome Agenten für Routineinteraktionen und leistungsfähige Augmentierungs-erkzeuge für menschliche Agenten.
Die strategischen Trade-offs sind klar: Lösungen mit Fokus auf vollständige Automatisierung bieten kurzfristig Kostenvorteile, riskieren jedoch eine Verschlechterung der Customer Experience, wenn die Implementierung scheitert. Augmentation-first-Plattformen sichern die Servicequalität, haben aber möglicherweise Schwierigkeiten, die gleichen Skaleneffekte wie vollständige Automatisierung zu erreichen.
Im Hinblick auf den Weg Ihrer Organisation sollten Sie Folgendes beachten:
Process Maturity bestimmt die KI-Tauglichkeit
Organisationen mit stark standardisierten, gut dokumentierten Prozessen können autonome Agenten deutlich einfacher einsetzen. Dort, wo Workflows hingegen komplex und stark beziehungsabhängig sind, bieten sich Augmentierungs-Strategien an, die menschliche Urteilskraft und Flexibilität bewahren.
Brand-Positioning muss zur Voice-KI-Strategie passen
Premium-Service-Brands riskieren, ihre Differenzierung durch Überautomatisierung zu verwässern, während effizienzorientierte Organisationen vollständige Automatisierung als Wettbewerbsvorteil nutzen können. Ihre KI-Strategie sollte stets mit Markenversprechen und Kundenerwartungen im Einklang stehen.
Erfolgreiche Implementierungen nutzen Channel-Differenzierung
Autonome Agenten bearbeiten dabei Routineanfragen, während augmentierte menschliche Agenten komplexe Fälle übernehmen. Dieser gestufte Ansatz optimiert Kosteneffizienz, ohne für hochwertige Interaktionen, die Empathie und kreative Problemlösung erfordern, Abstriche bei der Servicequalität zu machen.
Kundenpräferenzen als Wegweiser
In Studien zu Präferenzen dominiert Experience gegenüber Effizienz. Kunden akzeptieren KI für einfache Aufgaben, erwarten aber eine nahtlose Eskalation zu menschlichen Agenten bei komplexen Anliegen und Verlangen, dass KI-Interaktionen natürlich und kontextsensitiv sind. Fehlgeschlagene KI-Implementierungen hinterlassen langfristig negative Markenwahrnehmungen. Und heute scheitern 95% der GenAI-Piloten daran, messbaren Business Impact zu liefern.
Die Entscheidung, vor der Organisationen stehen, ist unmittelbar und strategisch.
Das Verzögern von KI-Strategieentscheidungen birgt das Risiko eines Wettbewerbsnachteils. Organisationen müssen Pilotprojekte hinter sich lassen und zu umfassenden KI-Deployments übergehen, die Kunden und Agenten dienen – nicht nur Effizienzmetriken.
KI ist ein Mittel, kein Selbstzweck. Die wirkungsvollsten Implementierungen – ob Replacement oder Enhancement – liefern überlegene Customer Experience und schaffen nachhaltige Wettbewerbsvorteile, die weit über Technologie allein hinausgehen.
Bucher + Suter unterstützt Organisationen bei der Entscheidung zwischen Automatisierung und Enhancement mit Implementierungs-Roadmaps, die sich an Ihren Business-Anforderungen und Kundenerwartungen orientieren.